Synagogentür 2.0

Synagogentür 2.0

In Bonn wird eine Synagoge durch drei Syrer angegriffen. Sie werfen Steine auf die Eingangstür beschädigen dabei ein Glaselement oberhalb der Tür. Sie verbrennen gleichzeitig unmittelbar vor dem Gebäude eine Fahne, die den Davidstern und den jüdischen Gebetsschal Tallit in den Farben blau-weiß zeigt. Diese Fahne dient als Staatsflagge Israels. Bei ihrer Festnahme erklären die drei Angreifer, ihre Tat beruhe auf dem derzeitigen Konflikt zwischen Israel und Palästina.
Zweifelsfrei liegt eine gemeinschaftliche Sachbeschädigung nach §§ 303, 25 II StGB vor. Der Strafrahmen beläuft sich auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Von einer gemeingefährlichen Sachbeschädigung nach § 304 I StGB wird man nicht ausgehen können, weil das beschädigte Glaselement weder der Verehrung einer im Staat bestehenden Religionsgemeinschaft gewidmet noch ein Gegenstand der Kunst ist.

Interessant ist die Frage, ob eine gemeinschaftliche Volksverhetzung gemäß §§ 130 I Nr. 1, 25 II StGB eingreift: Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, gegen eine religiöse Gruppe zum Hass aufstachelt,wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Einfach gestaltet sich die Prüfung, wonach es sich bei der Synagogengemeinde zu Bonn um einen Teil einer religiösen Gruppe handelt, nämlich der Juden. M. E. ist es zu verneinen, dass die Steinwürfe auf die Tür geeignet sind, als Aufstachlung zum Hass qualifiziert zu werden. Anders sieht es bei der Verbrennung der Fahne aus. Die Fahne ist nicht nur die Staatsfahne Israels, sondern sie weist auch eine religiöse Bedeutung aus. Sie wurde 1897 kreiert, also lange vor Gründung des Staates Israel 1948. Davidstern und der jüdischen Gebetsschal Tallit sind eindeutig religiöse Symbole des Judentums. Maßgeblich ist der Tatort: Wäre die Fahne etwa vor der Botschaft Israels verbrannt worden, läge der Bezug zum Staat Israels auf der Hand. Umgekehrt liegt bei einem Tatort unmittelbar vor einer Synagoge der religiöse Bezug auf der Hand. Besser als durch Verbrennen dieser Fahne kann man den Hass auf die jüdische Religion nicht zum Ausdruck bringen. Da nach dem Verbrennungsakt Reste der Fahne von anderen Bürgern unmittelbar oder über die Medien wahrgenommen werden konnte, liegt auch eine Aufstachlung zum Hass vor. Unproblematisch ist schließlich die Eignung zur Störung des öffentlichen Friedens zu bejahen. Die tatsächlichen Reaktionen in der Öffentlichkeit zeigen dies und es war auch von den Tätern abzusehen.

Schließlich kommt noch eine Strafbarkeit nach §§ 166 II, 25 II StGB in Mittäterschaft in Betracht: Wer öffentlich eine Religionsgesellschaft in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Verschiedene Tatbestandsmerkmale wurden schon oben erörtert und bejaht. Beschimpfen bedeutet eine durch Form oder Inhalt besonders verletzende Äußerung von Missachtung. Dass es sich um eine Kundgabe von Missachtung handelt, muss religionsübergreifend, dh wegen eines Verstoßes gegen allgemeine sozialethische Wertungen feststellbar sein. Die Verbrennung einer jüdisch-religiös konnotierten Fahne unmittelbar vor einer Synagoge stellt eine eindrucksvolle Missachtung der jüdischen Religion dar.

Die Delikte stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit nach § 52 StGB, sodass sich die Strafe nach der höchsten Strafandrohung richtet, hier also Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

Abwegig wäre die Prüfung, ob der Islam der geistige Brandstifter für die Tat war. „Der Islam“ kann sich nicht strafbar machen und die „geistige Brandstiftung“ ist nicht strafbar. Man sollte sich hier nicht auf die juristische Abwegigkeit beschränken, sondern generell den Unsinn der „geistigen Brandstiftung“ ansprechen. Sie entlastet nämlich den wirklichen Täter und macht ihn zum Opfer hinterhältig wirkender geistiger Kräfte, die angeblich ein bestimmtes „Klima“ in der Gesellschaft schaffen. Selbstverständlich sind diese Kräfte keine Anstifter im Sinne des § 26 StGB, worin ja gerade ihre Arglist liegt. Wir können daher den Begriff der „geistigen Brandstiftung“ getrost ins Reich der Verschwörungstheorien verbannen.

Pressekontakt

amonpress media münchen
Linda Amon,
Journalistin

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